Der Kampf um Deutschlands Klimapolitik: Eine Analyse der Machtverhältnisse

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Mainz, Deutschland – 13. Januar 2025 – Erinnert ihr euch noch an 2006? Der Stern-Report erschien, und Deutschland sah seine große Chance. Wir wollten der Welt zeigen, wie man Klimaschutz richtig macht, wie man die grüne Zukunft gestaltet!

Mit deutscher Gründlichkeit und nachhaltiger Politik wollten wir vorführen, wie man Wirtschaft und Umwelt versöhnt.

Und Heute: Die grüne Gestaltung der Zukunft steckt fest in einem Tauziehen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Kräften, bei dem die Bremser bislang die Oberhand behalten. An vorderster Front stehen dabei die traditionellen Industrieverbände, allen voran der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der mit dem Argument der drohenden Deindustrialisierung erfolgreich Einfluss auf politische Entscheidungen nimmt. Besonders die energieintensive Industrie und die Automobilbranche verhindern oder verwässern durch intensive Lobbyarbeit wiederholt strengere CO2-Auflagen.

Diese industriellen Interessen finden ihre natürlichen Verbündeten in den Gewerkschaften der betroffenen Sektoren. Die IG BCE etwa, die die Beschäftigten in Bergbau, Chemie und Energiewirtschaft vertritt, priorisiert konsequent den Erhalt bestehender Arbeitsplätze vor Klimaschutzmaßnahmen. Gemeinsam bilden sie eine mächtige Allianz, die über jahrzehntelang gewachsene Strukturen verfügt und ihre Interessen effektiv in den politischen Prozess einbringen kann.

Auf politischer Ebene spiegelt sich diese Interessenlage in der Haltung verschiedener Institutionen wider. Das Bundeswirtschaftsministerium agiert traditionell als Anwalt der Industrie, während Landesregierungen mit starker industrieller Basis regelmäßig Klimaschutzmaßnahmen abschwächen. Die FDP positioniert sich dabei ideologisch gegen vermeintliche “Verbotspolitik”, während die CDU/CSU in ihrer Regierungszeit den Ausbau erneuerbarer Energien systematisch verlangsamt.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) belegt in seiner Studie “Die Energiewende hängt am Netzausbau” (2023), dass der schleppende Ausbau der Stromnetze ein zentrales Hindernis für die Energiewende darstellt. Die Kosten für Netzengpassmanagement beliefen sich 2022 auf über 4 Milliarden Euro. (DIW Wochenbericht 15/2023)

Diesen bremsenden Kräften steht eine wachsende, aber strukturell schwächere Gruppe von Akteuren gegenüber. Umweltverbände wie die Deutsche Umwelthilfe, BUND und NABU versuchen durch öffentlichen Druck und juristische Interventionen, klimapolitische Fortschritte zu erzwingen. Wichtige Unterstützung erhielten sie in den letzten Jahren durch die Fridays-for-Future-Bewegung, die eine neue gesellschaftliche Dynamik für Klimaschutz erzeugte.

Diese Dynamik spiegelt sich auch im gestiegenen Umweltbewusstsein der Bevölkerung wider, das regelmäßig durch die Umweltbewusstseinsstudie des Bundesumweltministeriums erfasst wird. Die Studie 2022 zeigt, dass 83 % der Menschen in Deutschland den Klimawandel als sehr ernstes oder eher ernstes Problem einschätzen. (BMU, “Umweltbewusstsein in Deutschland 2022”)

Zunehmend formiert sich auch innerhalb der Wirtschaft eine progressive Fraktion. Die Branche der erneuerbaren Energien hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Innovative Start-ups im Bereich Greentech schaffen neue Arbeitsplätze. Einzelne Großunternehmen haben die Zeichen der Zeit erkannt und setzen auf grüne Transformation. Sie werden dabei von Institutionen wie dem Umweltbundesamt und dem Sachverständigenrat für Umweltfragen unterstützt, die beharrlich wissenschaftliche Grundlagen für eine ambitionierte Klimapolitik liefern.

Die Wirksamkeit dieser progressiven Kräfte wird jedoch durch systemische Blockaden behindert. Der deutsche Föderalismus mit seinen komplexen Abstimmungsprozessen zwischen Bund und Ländern verlangsamt Entscheidungen und führt oft zu Kompromissen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Hinzu kommen enge personelle Verflechtungen zwischen Politik und traditioneller Industrie, wie der Wechsel von Gerhard Schröder (SPD) zu Gazprom, Eckart von Klaeden (CDU) zu Daimler oder Ronald Pofalla (CDU) zur Deutschen Bahn verdeutlichen. Diese Nähe wird durch die deutliche finanzielle Überlegenheit der bremsenden Akteure in der Lobbyarbeit zusätzlich verstärkt.

Diese Konstellation führt zu charakteristischen Mustern in der Klimapolitik.

Ursprünglich ambitionierte Gesetzesvorschläge werden im Gesetzgebungsprozess systematisch abgeschwächt. Endlose Prüfaufträge und Folgenabschätzungen verzögern wichtige Entscheidungen, während Ausnahmeregeln und Übergangsfristen die Wirkung beschlossener Maßnahmen minimieren.

Das Ergebnis: eine Politik der großen Ankündigungen bei gleichzeitiger Minimierung konkreter Verpflichtungen.

Die eklatante Diskrepanz zwischen den Empfehlungen des Stern-Reports von 2006 und der heutigen klimapolitischen Realität erklärt sich somit aus einem fundamentalen Ungleichgewicht der Kräfte.

Solange die bremsenden Akteure ihre strukturelle Überlegenheit bewahren können, wird Deutschland seine selbst gesetzten Klimaziele verfehlen. Nur eine grundlegende Verschiebung der Machtverhältnisse oder massive externe Schocks könnten diese verfestigte Pattsituation auflösen und den Weg für eine wirklich ambitionierte Klimapolitik freimachen.

Deutschland hat nicht nur das Potenzial zur führenden Rolle im globalen Klimaschutz. Deutschland hat sogar das Potenzial, dieses Potenzial unendlich lange als Potenzial zu bewahren!

Wann lösen wir uns von dem Motto:
“Klimaschutz ist wichtig, aber bitte nicht beim Wirtschaftswachstum, nicht beim Verkehr, nicht bei der Industrie, nicht beim Konsum und schon gar nicht jetzt sofort!”

Kontakt:
Für weitere Anfragen oder Informationen besuchen Sie bitte die offizielle Website unter https://thinkmoregreen.com/kontakt.

Linkedin: Thomas Lazar

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